Montag, 16. Juni 2008

sueddeutsche.de gegen SEO / Chance Qualität

Das ist echt der Knaller. Hans-Jürgen Jacobs, Chefredakteur von sueddeutsche.de meint in der Zeitschrift Horizont tatsächlich:
bei "exzessiver SEO" handele es sich um "journalistische Wettbewerbsverzerrung"
Hintergrund ist die anscheinend mäßige Optimierung von sueddeutsche.de, was dazu führt, dass andere Print-Onlineableger regelmäßig weiter vorne im Ranking auftauchen. Daraus ergibt sich, wenig überraschend, eine wesentlich höhere Zahl an Google-Besuchern (angeblich bis zu 50% des Gesamttraffics) gegenüber mageren 15-20% bei sueddeutsche.de.

Ein aktueller Google-Test mit Vergleich der großen Portale von Printablegern:
Suchwort "Europameisterschaft"
Spiegel auf Seite 1
Welt auf Seite 2 & 3
faz.net auf Seite 3
sueddeutsche auf Seite 5

Suchwort "Irland EU Vertrag"
Focus, Zeit, Welt, Spiegel, faz.net auf Seite 1
sueddeutsche, Stern auf Seite 2

Suchwort "iPhone 3G"
Welt auf Seite 2 & 4
Stern auf Seite 4
Alle anderen nicht auf den ersten 5 Seiten

Zum Vergleich noch die aktuellen IVW-Zahlen für visits/page impressions/redaktioneller Content im Mai:
Spiegel 84/529/517 Mio.
Welt 21/137/130 Mio.
Stern 14/152/127 Mio.
Focus 16/117/103 Mio.
sueddeutsche.de 14/121/85 Mio.
faz.net 12/65/59 Mio.

sueddeutsche.de ist also zurecht neidisch auf die Kollegen und zwar auf so ziemlich alle relevanten Konkurrenten. Was sie in der Suchmaschinenoptimierung alles falsch machen, hat "Mein Gott und meine Welt" sehr schön zusammengetragen. Das ist aber nicht alles.

Wie definiert sich denn Online-Qualität oder warum kommen User auf Nachrichten-Websites?
  • Der Inhalt muss qualitativ stimmen
  • Die Nachricht muss schnell da sein
  • Sie muss leicht gefunden werden
  • Es muss Spaß machen die Seite anzuschauen (Stichwort Usability)
  • Schön ist es, wenn sie onlineaffin aufbereitet ist (Verlinkungen, Bilderstrecken, Tags, usw.)
sueddeutsche.de wird von allen am schlechtesten gefunden s.o. (gemeinsam mit der FAZ). Das zu ändern, ist eigentlich nicht so schwierig - viel wichtiger ist aus meiner Sicht aber in die Topliste der einzelnen User zu gelangen. Bekanntlich haben User 5-7 Websites, die sie immer wieder besuchen. Eine der hier aufgelisteten ist sicherlich bei jedem dabei.

Dafür ist viel mehr die Schnelligkeit, die Qualität, die Usability und die Onlineaffinität entscheidend. Im letzten Punkt ist welt.de top. Das zeigt ein Blick auf die aktuelle News:

Wie hier seit dem letzten Relaunch Inhalt, Diskussion, Video, weiterführende Nachrichten, etc. aufbereitet sind, macht einfach Spaß. Seitdem ist die Seite auch auf meiner persönlichen Topliste für jeden Tag.
Spiegel ist superschnell. Da weiß ich, dass jede News als "Breaking News" mit Live-Ticker sofort da ist. Die inhaltliche Qualität mit Schwerpunktsetzung, Tonalität, Ressortverteilung, etc. wird neben den Hauptthemen sicherlich individuell unterschiedlich wahrgenommen.

In all diesen Punkten gibt es bei sueddeutsche.de Aufholbedarf. Der neue Slogan der SZ: "Seien Sie anspruchsvoll." zeigt einen hohen Anspruch. Zurecht. Den braucht es auch, um im Wettbewerb erfolgreich zu sein. Wenn er auch für Online gelten soll, dann bitte: Mehr Qualität, mehr Geschwindigkeit, mehr Onlinaffinität und natürlich auch mehr Suchmaschinenoptimierung. Das ist dann keine "Wettbewerbsverzerrung", sondern einfach Wettbewerb. Und das ist auch gut so.

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